Interview mit der Geschäftsführung zur Corona-Situation im Kreiskrankenhaus Weilburg im November

Das Coronavirus stellt eine große Herausforderung für Krankenhäuser dar. Immer wieder werden wir nach der aktuellen Lage in unserem Krankenhaus gefragt. Unsere beiden Geschäftsführer Herr Peter Schermuly und Herr Thomas Schulz standen in der vergangenen Woche der Presse Rede und Antwort. Wir haben die Fragen und Antworten hier noch einmal aufgeführt - zum Nachlesen für alle Interessierten.

Wegen Corona gelten auch am Krankenhaus schärfere Maßnahmen. Wie erleben Sie den Alltag an der Hessenklinik in Weilburg? 
Herr Schermuly/Herr Schulz: 
Wir erleben im Alltag eine größere Verunsicherung als zu Beginn der Pandemie wegen des rasant steigenden dynamischen Infektionsgeschehens. Neben der Patientenversorgung rücken vor allen Dingen die Auswirkungen auf unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Fokus. 

 

Einer der größten Einschnitte ist, dass Besuche von Patienten nur noch in ganz eng umrissenen Ausnahmefällen möglich sind. Warum ist diese strengere Regelung notwendig? 
Herr Schermuly/Herr Schulz: 
Die wichtigste Begründung ist die Reduzierung der Kontakte. Hier sind sich ja zwischenzeitlich alle Experten einig, dass nur über die Kontaktreduzierung die Pandemie einzudämmen ist. 

 

Haben die Menschen Verständnis für die Regeln, was sagen Sie, wenn sich jemand beschwert? 
Herr Schermuly/Herr Schulz: 
Die Maßnahmen werden vom überwiegenden Teil der Beschäftigten, Besucher und Patienten akzeptiert und für notwendig erachtet. Allerdings gibt es auch immer wieder Beschimpfungen und Bedrohungen, denen zum Glück unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nur selten ausgesetzt sind. Wir erläutern die Maßnahmen in persönlichen Gesprächen, Telefonaten und in Form von Patienten- und Besucherinformationsschreiben. Auch dieses Interview soll dazu dienen, um Verständnis für die Regeln zu werben. Gerade als Krankenhaus der Notfallversorgung müssen wir soweit wie möglich einsatzbereit bleiben zur Versorgung der zunehmenden COVID-Patienten, aber auch der anderen uns zugewiesenen Patienten. 

 

Was bedeutet Corona für die Beschäftigten, das Pflege- und ärztliche Personal – wie wird deren Arbeit davon eingeschränkt? 
Herr Schermuly/Herr Schulz: 
Für die Beschäftigten aller Berufsgruppen bedeutet Corona die Einhaltung der mit dem Gesundheitsamt abgestimmt und vom Land Hessen vorgegebenen Regeln zu beachten. Dies bedeutet in erster Linie die Einhaltung von eigenen Schutzmaßnahmen wie das Tragen von einem medizinischen Mund-Nasen-Schutz sowie besonderer Schutzkleidung in den COVID-Bereichen. Bei einer zunehmenden Anzahl von infizierten Patienten müssen wir Beschäftigte zur Sicherstellung der Patientenversorgung auch in anderen Bereichen einsetzen bzw. in den gesonderten COVID-Bereichen immer dieselben Mitarbeiter/Innen. Dies bedeutet im Vorfeld entsprechende Einarbeitung und Begleitung. Es verlangt von unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein hohes Maß von Verständnis, Engagement und Flexibilität. 

 

Befürchten Sie, dass auch immer mehr Beschäftigte durch Corona ausfallen können – gibt es Pläne für einen solchen Fall? 
Herr Schermuly/Herr Schulz: 
Diese Befürchtung beginnt sich schon zu bestätigen. Die wichtigste Maßnahme ist hierbei die schnelle Kontaktverfolgung, entsprechende Corona-Tests in Abstimmung mit dem Gesundheitsamt um damit einen schnellstmöglichen Einsatz für die Patientenversorgung wieder zu erreichen. Die Kontakte unserer Beschäftigten mit infizierten Personen häufen sich, eine Infektion der Beschäftigten selbst ist glücklicherweise derzeit noch die Ausnahme. In einem solchen Fall könnte es sein, dass wir ganze Fachbereiche stilllegen müssen. Dies gilt es mit vereinten Kräften zu verhindern. In sensiblen Bereichen halten wir eine Rufbereitschaft vor, um ggf. notwendiges Personal bereitstellen zu können. 

 

Wie viele Intensivbetten hat ihr Haus, wie viele Beatmungsplätze? 
Herr Schermuly/Herr Schulz: 
Vor der Pandemie und auch nach der Pandemie betreiben wir 8 Intensivbetten mit 4 Beatmungsplätzen. Aufgrund der aktuellen Situation betreiben wir derzeit 10 Intensivbetten und haben sogar eine 2. Intensivstation mit 8 Betten als Reserve aufgebaut. Insgesamt sind so 12 Beatmungsmöglichkeiten entstanden. Die Reserve-Intensivstation muss derzeit noch nicht betrieben werden, was aber in den nächsten Wochen durchaus passieren kann.  

 

Führen Sie regelmäßig Testungen durch – werden Schnelltests eine Änderung bringen können? 
Herr Schermuly/Herr Schulz: 
Wir führen schon seit längerem regelmäßige Testungen bei allen Neuzugängen durch nach einem vorgegebenen Screening-Schema. Aktuell ist beschlossen bei allen stationär aufgenommen Patienten einen Test durchzuführen. Wegen Überlastung der Labore können die Testungen allerdings bezüglich des Ergebnisses einige Tage dauern. Hier können unter bestimmten Indikationen Schnelltests helfen, die jedoch eine geringere Sicherheit als PCR-Tests aufweisen. Dazu wird mit dem Gesundheitsamt gerade ein Testkonzept vereinbart. Mehr Isolation en reduzieren die Belegungskapazitäten. 

Schnelltests sind in erster Linie für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gedacht, insbesondere in Alten- und Pflegeheimen. Diese sollen auf Basis des Testkonzeptes eingesetzt werden. Wir haben letzte Woche schon beschlossen mit den Schnelltests bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Seniorenzentrum Fellersborn in Löhnberg schon jetzt zu beginnen. Dies schafft etwas mehr Sicherheit gerade in diesem sensiblen Bereich.  

 

Sie betreuen im Krankenhaus auch ambulante Patienten – was bedeutet das für die Arbeit? 
Herr Schermuly/Herr Schulz: 
Auch für die ambulanten Patienten gelten die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen. Auch diese Patienten werden einem Screening unterzogen und erforderlichenfalls abgestrichen. Noch können geplante ambulante Operationen, die nicht verschiebbar sind, stattfinden. Die Sprechstunden bei unseren ambulant tätigen Ärzten mussten bereits deutlich reduziert werden. All diese Maßnahmen erfolgen in Abstimmung mit dem Gesundheitsamt bzw. auf Vorgabe des Hessischen Sozialministeriums. 

 

Etliche geplante Operationen fallen nun wieder aus, um Kapazitäten für einen Anstieg bei den Corona-Zahlen freizuhalten. Was bedeutet das finanziell für das kleine Haus? 
Herr Schermuly/Herr Schulz: 
Der Ausfall von geplanten Operationen bedeutet für alle Krankenhäuser deutliche Einnahmeverluste. Diese wurden bisher, allerdings nur bis zum 30.09.2020, durch eine Entscheidung der Bundesregierung durch Ausgleichszahlungen allerdings nicht vollständig kompensiert. Für das restliche Jahr 2020 kann ein Krankenhaus gegenüber den Kostenträgern weitere Ausgleiche geltend machen. Für die Zeit danach, also ab dem 01.01.2021, gibt es bisher keinerlei Regelung. Einige Experten haben in den Medien bereits darauf hingewiesen, dass hier dringender Handlungsbedarf besteht. Je größer die Belastung der Krankenhäuser mit Infizierten Patienten, desto mehr Bereiche müssen für diese Patienten gesondert zur Isolation vorgehalten werden. Die finanziellen Auswirkungen können die Krankenhäuser, also auch wir, ohne staatliche Hilfe nicht kompensieren. 

 

Welche staatliche Hilfe hat das Haus zu erwarten? 
Herr Schermuly/Herr Schulz: 
Wir hoffen, dass das Gesundheitsministerium die deutschen Krankenhäuser ab dem 01.01.2021 wieder unter eine Art „Rettungsschirm“ stellt. Der Saarländische Ministerpräsident Hans hat dies vor kurzem bereits gefordert. Auch Gesundheitsminister Spahn hat gerade erklärt, dass kein Krankenhaus wirtschaftliche Nachteile erfährt. Wir hoffen, dass er sein Wort hält. 

 

Einige Krankenhauschefs sprechen von der Insolvenz ihrer Häuser – droht das auch Weilburg? 
Herr Schermuly/Herr Schulz: 
Bei zunehmender Belastung der Krankenhäuser durch die Pandemie besteht für viele Häuser grundsätzlich Insolvenzgefahr, sofern es keine staatliche Hilfe gibt. Im Kreiskrankenhaus Weilburg sind wir diesbezüglich gut aufgestellt, da unser Träger der Landkreis Limburg-Weilburg hier durch eine frühzeitige Eigenkapital-Erhöhung vorgebeugt hat. 

 

Wenn die Corona-Zahlen weiter steigen sollten – was bedeutet das für das Krankenhaus? 
Herr Schermuly/Herr Schulz: 
Bei steigenden Corona-Zahlen ist auch eine Steigerung der Infektionszahlen bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu erwarten. Dies ist unsere größte Sorge, da wir ohne diese unseren Versorgungsauftrag nicht erfüllen können. Wir sind derzeit schon durch das Land Hessen verpflichtet aus den Versorgungsgebieten Gießen und Marburg sowie aus dem Raum Wiesbaden Patienten zu übernehmen wegen dort überbelasteter Intensiv- und COVID-Stationen. Schon heute übernehmen wir vereinzelt diese Patienten schon aus externen Häusern. Daran ist erkennbar, wie schnell das System an seine Belastungsgrenzen stößt. 

 

Wie schätzen Sie die weitere Lage ein? 
Herr Schermuly/Herr Schulz: 
Die weitere Lage ist davon abhängig, inwieweit es unsere Bevölkerung mitträgt, die Kontakte deutlich zu reduzieren, weitere Verschärfungen sind hier auch nach dem Monat November möglicherweise noch zu erwarten. Unser Auftrag ist es, die Versorgung der Bürgerinnen und Bürger unserer Region weiterhin sicherzustellen, was unter den gegebenen Umständen schon schwer genug ist. Auch wir sind davon abhängig, ob die Bevölkerung die seitens der Politik eingeforderte Disziplin einhält. Nur dann ist eine Besserung in Sicht, wobei wir auch heute noch nicht den Zeitpunkt der Einsatzfähigkeit eines Impfstoffes kennen.

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